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Oasis Special – Die 00er Jahre im Rückblick

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Standing On The Shoulder Of Giants

VÖ: 28.02.2000

Aufgeben gilt nicht nicht, erst Recht nicht ehemalige Arbeiterklassen-Kids aus Manchester. Doch trotz des gewohnt großmäuligen Albumtitels muss man erkennen, dass die großen Oasis-Jahre vorbei sind. In den USA sieht das Album schnell kein Land mehr und auch die üblichen Hits scheinen diesmal komplett zu fehlen. Der “neue Sound” , wie Wochen vorher noch angekündigt, erweist sich als eher wenig überzeugender Versuch Anschluss im neuen Jahrzehnt zu finden. Blur haben sich mittlerweile auch berappelt und wirken dank wesentlich mutigeren und inspirierten Großtaten wie “13″  als die im Nachhinein lachenden Gewinner. Das wohl verkannte Album von Oasis, die hier durchaus neue Wege gehen aber unter der glatten Produktion von Mark Stent zu leiden haben. Wer die auch wieder auf dem Album nicht gerade wenigen Füller wie “Put Yer Money Where Yer Mouth” außen vor lässt erkennt proggige Nummern wie Gas Panic, in den Noel seine Drogensucht behandelt. Überhaupt fällt das Album so düster wie kaum ein anderen Oasis-Album aus. Das Sample Gewitter “Fuckin In The Bushes” wirkt zwar etwas betont zeitgemäß, ist aber auch ein Querverweis in die Anfangszeit von Oasis, wo man mit Rave Bands wie Primal Scream abhing und Stammbesucher im legendären Hacienda-Club war. Überhaupt passen Gastauftritte bei den Chemical Brothers und Dance Acts wie Goldie nicht zu der konservativen Ecke, in die man Noel Gallagher und seine Band allzu gerne stecken möchte.

Und selber so?

Diesmal gehe ich nicht am VÖ Tag in den Laden, und zittern tue ich diesmal in Erwartung eines Totalausfalls. Ein Gefühl was man übrigens auch später nie wieder ganz los wird. Das Cover wirkt modern und “Go Let It Out” ist wesentlich knackiger als der angestaubte Led Zeppelin Pathoskrach von “Be Here Now.” Nur die komischen Big Beat Elemente wirken verstörend, da ich immer noch auf Morning Glory 2 und keine Samples warte. Mittlerweile habe ich den Umzug aus Siegen nach Heidelberg geschafft und finde Gas Panic ganz toll, was ich allerdings nicht zugebe da zaghaftes Big Beat im Jahr 2000 keiner hören möchte und Oasis ohne Noel Gallagher, der mal wieder dank Liam schmollt und zuhause geblieben ist, bei Rock am Ring einen legendär schlechten Auftritt hinlegt, der ihnen noch Jahre später nachgetragen wird. Es wird klar, dass Oasis endgültig nicht mehr die neuen Beatles sind, nicht mal die neuen Radiohead oder überhaupt eine Band sein wird, die nochmal richtig groß werden kann. “Gas Panic” finde ich übrigens toll, und würde mich auch trauen es jemanden zu sagen, wenn es mir nicht eh mittlerweile egal ist und ich Hip Hop und das alles ändernde Kid A nicht interessanter finden würde.

Heathen Chemistry

VÖ: 01.07.2002

Oh, ein neues Oasis Album ? Noel Gallagher weiß, dass er sämtlichen Kredit bei Fans und Kritiker verspielt hat und ein weiterer Misserfolg Oasis in die ewigen Jagdgründe schickt, wo ehemalige Brit-Sensationen wie Kula Shaker und andere einst hoffnungsvolle Bands dahinvegetieren. Doch Noel zeigt sich, evtl das letzte Mal, noch einmal kämpferisch und schon die erste Single “The Hindu Times” überzeugt mit stylishen Schwarz-Weiß und fast verloren geglaubter Coolness. “Heathen Chemistry” wird zwar auch kein größerer Erfolg wie die beiden 90er Großtaten, aber wirft einige Hits gerade in England ab, von dem am bekanntsten wohl “Stop Crying Your Heart Out” sein dürfte, dass u.a.auch in dem Hollywood Film Butterfly Effekt verwendet wird. Oasis Fans sehen dem Album zwar zwiegespalten entgegen, vergessen aber das es genau dieses Album war, was Oasis Kopf und Kragen rettete. Erstmals tauchen wieder Begriffe wie “Kult-Band” auf. Ein schönes Hit-Album, mit dem eigentlich damals keiner mehr so richtig gerechnet hatte. Ein zweites “Champagne Supernova” ist auch nicht drauf, erwartet aber auch keiner mehr.

Und selber so?

Ich ziehe schweren Herzens aus Heidelberg weg und lande rein  von der Lebensqualität am komplett anderen Ende der Skala. Keine malerischen Häuser, die an einem Fluß im Tal liegen oder eine Burg von der man weit in die Ferne blickt. Stattdessen graue Pott-Atmosphäre und im Kino kommt Anatomie 2, dessen ersten Teil in Heidelberg spielte. Der Film beginnt, ja ist es denn, mit genau der Ekel-Romantik einer Duisburg Arbeitergegend wo eine reichlich fette Frau ihren Sohn in Richtung Berlin ziehen lässt. Dazu läuft “Little by Little”.

Wer sich schon immer fragte, von wem der schöne Song am Ende von “Butterfly Effect” stammt:

Don`t Believe The Truth

VÖ: 30.05.2005

Das fünfte Oasisalbum erscheint genau richtig zum großen Rock Revival aus UK. Oasis gelten mittlerweile als Kultband und werden von einer neuen Generation entdeckt, die den Niedergang der späten 90er nicht mitbekommt hat und eine romantisierte Vorlage der Brit-Pop Helden bekommt. Die machen leider genau das was sie seit “Morning Glory” immer machen: Genau zum richtigen Zeitpunkt ein falsches Album rausbringen. Anstatt die Gunst der Stunde zu nutzen, wird “Don`t Believe The Truth” ein eher ruhiges und zurückhaltendes Alterswerk, was so laid back wie kein anderes Oasis Album ist. Man merkt Noel an, daß er sich so langsam auf das Verwalten des Oasis-Sounds konzentriert. Immerhin kann mit Dave Sardy ein vernünftiger Produzent gewonnen werden, der schreckliche Pop-Produktionen der Vergangenheit vergessen lässt.

Und selber so?

Nach “Heathen Chemistry” ist mein Interesse wieder entfacht und tolle Vorabkritiken lassen hoffen. Auch ist die Zeit kaum günstiger, da britischer Rock seinen Zenit erreicht und Oasis diesen Matchball versenken könnten. Nach langer Zeit erreichen sie auch wieder eine Top 20 Platzierung in den USA. Die Freude bleibt aber nicht lange, weil “Don`t Believe The Truth” einfach zu uninspiriert rüber kommt und man sich eingesteht, daß Oasis ein liebgewonnes Mitbringsel aus alten Zeiten geworden sind.

Dig Out Your Soul

VÖ: 04.10.2008

Das Phänomen maue Verkäufe, ausverkaufte Hallen geht weiter. Oasis sind nun auch wieder bei Anfangs-Twens wieder eine gefragte Band und Konzerte der Band schnell ausverkauft. Das Album “Dig Out Your Soul”, so verkündet Noel Gallagher, solle eine Abkehr vom Song-Refrain-Song-Schema werden und groove-orientierter werden. Wie üblich hat der Oasis Chef sein Mund zu vollgenommen und so bleibt es doch bei interessanten, aber nicht konsequenten zu Ende gedachten, oder gar innovativen Versuchen etwas wirklich Neues zu wagen. Trotzdem ist das Album insgesamt der geglücktere  Versuch als das ähnliche “Standing On The Shoulders of Giants” und dank Dave Sardy, der wieder hinter den Reglern saß, auch schön kantig und staubtrocken produziert. Das zwar immer noch nicht vollends zufriedenstellende aber immerhin okaye vorläufige Ende-Album einer Britpop-Legende, die sich bis zum Ende treu blieb und sich nie aus niederen kommerziellen Absichten für fragwürdigen Blödsinn hergab. Noel, der eigentlich schon länger keine größere Motivation oder Idee für seine Band auf Lager hatte, scheint es wie immer über die Maßen ruhig angehen zu lassen, während Brüderchen Liam schon die neue Band “Beady Eye” am Start hat.  Ein gutes Album vom weniger einfallsreichen Gallagher wäre wohl die größte Überraschung die einem Oasis-Mitglied 16 Jahre nach “Definitely Maybe” gelingen würde.

Und selber so?

Ich bestelle mir tatsächlich die sauteure Deluxe Edition des neuen Albums vor und bekomme zum Dank eine nett anzusehende Box, die 2 LP, 2 CD`s und ein irgendwie saublödes Artwork bietet. Diese Box wird übrigens  im Juni dieses Jahres ein schweres Unwetter nicht unbeschadet überstehen und dürfte damit auch für einen Ebay-Verkauf nicht mehr weiter interessant sein. Hätte ich geahnt, daß auch hier das Mittelmaß reagiert hätte es wohl eine normale Edition des Albums auch getan. Vielleicht hat es ja ein aufmerksamer Leser bemerkt: Oasis Fans sind, was ihre Band angeht unbelehrbare Optimisten und haben bis zum Ende geglaubt das Noel Gallagher es nochmal zu der Weltklasse Form des ersten Album schaffen würde. Vielleicht hat der Mann selber gewusst, daß ihm ein weiterer Geniestreich nicht mehr gelingen wird und einen doofen Streit als Anlass genommen um Oasis vor einem richtig schlechten Album zu bewahren.Möge der Mann seinen Frieden finden und sich bloß nie für eine lächerliche Reunion-Show hergeben. Danke Oasis für einen richtig großen Moment in der Musikgeschichte, der einfach zu überlebensgroß geriet, als das man ihn je hätte wieder erreichen können.

–>Oasis Special Teil 1


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